Erstmals in der Geschichte der Pflegeversicherung muss ein Ausgleichsfonds eine Pflegekasse vor der Zahlungsunfähigkeit bewahren. Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) bestätigte BR24, worüber zunächst der Tagesspiegel berichtet hatte.
- Zum Artikel: Warum die Pflegeversicherung nicht pleitegeht
Etwas Vergleichbares habe es in der Vergangenheit noch nicht gegeben, erklärt die Bundesbehörde, die den Ausgleichsfonds verwaltet. Einzelheiten dazu, um welche Pflegekasse es geht, könnten nicht genannt werden. Aber es sei keine kleine Kasse, bestätigt das BAS.
Pflegeversicherung rechnet auf eigene Weise
Die Pflegekassen sind an die Krankenkassen angegliedert. Doch während die Krankenkassen unterschiedliche Beitragssätze haben, ziehen die Pflegekassen alle den gleichen Beitragssatz vom Bruttolohn ihrer Mitglieder ab. Und anders als in der Krankenversicherung haben die Pflegekassen keine Möglichkeit, den Beitragssatz anzuheben, wenn ihnen Geld fehlt. Dafür ist die Bundesregierung zuständig.
Zum Jahreswechsel hat sie den Beitragssatz um 0,2 Prozentpunkte erhöht, auf 3,6 Prozent. Trotzdem reiche das Geld nicht aus, damit alle Pflegekassen ihre Ausgaben decken können, erklärt das Bundesamt für Soziale Sicherung.
Ausgaben der Pflegekassen steigen schnell an
Die Aufwendungen der Pflegekassen steigen zum einen, weil ihre Leistungen zuletzt ausgeweitet wurden. So sind Zahlungen, die Pflegebedürftige erhalten, angehoben worden. Vor allem aber ist die Zahl der Menschen, die Leistungen der Pflegekassen beziehen, unerwartet schnell gestiegen. Nach den aktuellsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes galten Ende 2023 knapp 5,7 Millionen Männer und Frauen als pflegebedürftig.
Gegenüber dem Jahr 2021, also innerhalb von nur zwei Jahren, ist das eine Zunahme um 730.000 Pflegebedürftige oder 15 Prozent. Ein Grund dafür liege darin, dass die Kriterien, ab wann Antragsteller einen Pflegegrad erhalten, zuletzt deutlich ausgedehnt wurden, erklären die Statistiker.
Pflegekassen fordern Reform von der Bundesregierung
Die Pflegekassen fordern schon seit längerem von der Bundesregierung rasche Maßnahmen gegen die Finanzklemme. Nach Ansicht der Kassen schuldet der Bund ihnen rund sechs Milliarden Euro, die die Pflegeversicherung während der Corona-Pandemie etwa für Prämien für Pflegekräfte oder auch für Corona-Tests ausgeben musste. Aber auch insgesamt ist die Pflegeversicherung nach Ansicht der Kassen unterfinanziert.
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