Der Penzberger Imam Benjamin Idriz macht einen Vorstoß für eine interreligiöse Erklärung zum Ende des Kriegs in Israel und Gaza: "Eine vereinte Stimme aller Religionen gegen jede Form von Hass ist in der gegenwärtigen Zeit von entscheidender Bedeutung", sagte Imam Idriz am Sonntag laut Redemanuskript in seiner Kanzelrede in der evangelischen Erlöserkirche in München-Schwabing. Dazu wolle er einen Brief an führende Religionsvertreter mit dem Ziel einer "gemeinsamen Erklärung" schreiben.
Schreiben an Führer anderer Konfessionen
Das Schreiben soll an den Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, den evangelischen Landesbischof Christian Kopp, den Vorsitzenden der Europäischen Rabbinerkonferenz, Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, sowie die Präsidentin der Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, gehen. Er wolle ein eindeutiges Plädoyer für Frieden im Nahen Osten erarbeiten. "Ich bin mir bewusst, dass wir damit nicht alle Probleme lösen", aber die Mehrheit der Menschen in Deutschland wolle eine solche Wortmeldung: "Eine vereinte Stimme aller Religionen gegen jede Form von Hass ist in der heutigen Zeit von entscheidender Bedeutung."
Imam fordert Freilassung der Geiseln und Kriegsende
Das eindeutige Plädoyer soll laut Idriz die Forderung nach einer Freilassung aller Geiseln, dem Stopp des Krieges und nach einer sofortigen Bereitstellung humanitärer Hilfe umfassen. Die Unterzeichner sollen sich zudem "für eine gerechte und nachhaltige Lösung des Konflikts im Heiligen Land", eine "Zwei-Staaten-Lösung" und zur gemeinsamen Bekämpfung von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit stark machen, erläuterte Idriz. Frieden, Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit seien "die Grundwerte unserer Religionen".
Der Islam habe mit seinen spirituellen Wurzeln und sozialen Werten das Potenzial, "das Gemeinwohl in Deutschland zu bereichern und die Demokratie zu stärken", sagte Idriz. Es liege an der Politik, diese Chance zu erkennen. Muslimische Bürgerinnen und Bürger seien zudem auch ein Wählerpotenzial.
Idriz: Muslime setzten sich für friedliches Miteinander ein
Idriz sagte in seiner Kanzelrede unter dem Titel "Wie wollen wir zusammenleben? Eine muslimische Perspektive", Muslime setzten sich "für ein friedliches und respektvolles Miteinander ein". Es sei zu verurteilen, dass manche jüdische Mitmenschen sich "nicht mehr sicher fühlen und ihre Kippa oder ihrem Davidstern nicht ohne Angst tragen können". Gleichzeitig appellierte er, Muslime nicht unter Generalverdacht zu stellen für "Wahnsinnstaten anderer, egal wo auf der Welt": Es müsse selbstverständlich klar sein, "dass Extremisten, die den Islam missbrauchen, keineswegs für den Islam oder die Muslime stehen", erläuterte der Imam.
Der Imam rief die Gesellschaft dazu auf, Rassismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit gemeinsam zu bekämpfen. Dies seien alles "verbrecherische Haltungen", die nicht toleriert werden dürften.
Der islamische Geistliche fügte hinzu, Gewalt, Terror, Krieg oder Vergeltung dürften nicht im Stillen gutgeheißen werden. Wenn Religionsvertreter Leid und Unrecht nicht offen verurteilten, "verlieren ihre Worte über Frieden und Menschenrechte an Gewicht."
Kanzelreden in Schwabing
Die Kanzelreden in der Schwabinger Erlöserkirche gibt es seit 1997 zweimal pro Jahr. Dazu lädt die Evangelische Akademie Tutzing in Kooperation mit dem Freundeskreis der Akademie ein. Bekannte Persönlichkeiten sprechen über Themen, für die sie einstehen und Verantwortung übernehmen. Die Kanzelrede sei eine Sprachform, die zwischen Predigt und Vortrag angesiedelt sei und nicht im Gottesdienst, aber im Kirchenraum stattfinde, teilte die Evangelische Akademie Tutzing als Veranstalter der Kanzelreden mit. Bisherige Rednerinnen und Redner waren etwa Alt-Bundespräsident Joachim Gauck oder auch die Präsidentin die Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern Charlotte Knobloch.
Mit Informationen von epd und KNA
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