Ein Kommentar von Achim Wendler, Leiter der BR-Redaktion Landespolitik
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Kommentar: Das Wahlrecht bleibt ungerecht

Auch wenn das Bundesverfassungsgericht Korrekturen verlangt, bleibt das Wahlrecht der Ampel ungerecht. In seinen Auswirkungen und vor allem: in seiner Entstehung. Zum Nachteil der CSU. Ein Kommentar.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Warum freut sich die CSU eigentlich so? Sie berauscht sich an einem Minimal-Erfolg, der ihr wenig bringen wird. Die Grundmandatsklausel bleibt nun doch erhalten, das neue Wahlrecht muss korrigiert werden, eine Klatsche für die Ampel, keine Frage. Aber das ist schon alles. Ein taktischer Erfolg für Markus Söder und seine CSU, nicht zu vernachlässigen, aber mehr auch nicht.

Wahrer Sieger sind die Freien Wähler

In der Sache haben die Christsozialen vom Urteil gar nichts. Dass die CSU bundesweit wirklich unter fünf Prozent fällt, zeichnet sich nicht ab. Die existenzielle Bedrohung, die die Partei in der Streichung der Grundmandatsklausel sah, war rein theoretisch. Sollte die CSU wirklich einmal so abstürzen, dass sie nur mithilfe der Grundmandatsklausel in den Bundestag einzöge, hätte sie in Bayern ganz andere Probleme. Womöglich hätte der Wegfall dieser Klausel der CSU sogar geholfen, indem er die Experimentierfreude konservativer Wechsel- oder Protestwähler gebremst hätte.

Nun aber gibt es wirklich eine Bedrohung: Läuft es richtig blöd für die CSU, holen die Freien Wähler drei Direktmandate und ziehen dank Grundmandatsklausel in den Bundestag ein. Sie sind in Bayern die wahren Profiteure dieses Urteils.

Entpersonalisierte Bundestagswahl

Die christsoziale Genugtuung täuscht nicht darüber weg, dass Karlsruhe am Kernproblem des neuen Wahlrechts nicht rüttelt. Der Bedeutungsverlust der Erststimme entpersonalisiert die Bundestagswahl, macht sie zur reinen Verhältniswahl, jedenfalls fast. Das ist beunruhigend, ganz allgemein, weil Personen umso wichtiger werden (sollten), je komplexer und schneller Politik wird. Besonders beunruhigend ist es für die CSU: Sie ernährt sich politisch wesentlich aus ihrer Basis. Der Zugang zur Basis sind Persönlichkeiten.

Nicht gegen den Willen der Minderheit!

Eine Ungeheuerlichkeit hat das Bundesverfassungsgericht leider nicht angeprangert: Dass die Ampel das Wahlrecht wohl auf Kosten der Opposition ohne deren Zustimmung geändert hat, mag verfassungsrechtlich sauber sein. Es läuft aber der guten deutschen Tradition zuwider und ist demokratietheoretisch nicht akzeptabel. Man ändert die Spielregeln der Demokratie nicht gegen den Willen der Minderheit. Dass diese Änderungen nun in Teilen weiter gelten, ist mehr als bedauerlich.

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