Fränkische Saale mit ins Wasser gefallenem Baum
Bildrechte: BR/Christiane Scherm
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Das Paddelverbot auf weiten Teilen der Fränkischen Saale im Lkr. Bad Kissingen hat für viel Ärger gesorgt – der Tourismus hat dadurch gelitten.

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Paddelverbot auf Fränkischer Saale: Regional-Tourismus in Krise

Paddelverbot auf Fränkischer Saale: Regional-Tourismus in Krise

Die Entscheidung des Landratsamts Bad Kissingen, ein Paddelverbot auf der Fränkischen Saale zu verhängen, hat schwerwiegende Auswirkungen auf die regionale Tourismuswirtschaft. Die Einbußen fürs Geschäft seien gar "schlimmer als Corona".

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Wo weite Teile Bayerns unter der Hitzewelle ächzen und vor den Sonnenstrahlen in Deckung gehen, freuen sich vielerorts Tourismusbetriebe, die mit Wasser zu tun haben. So ein Tag am und im Wasser ist Erfrischung zur rechten Zeit. Der Biergarten des Hotel Nöth in Morlesau im Landkreis Bad Kissingen liegt direkt an der Fränkischen Saale, die sich idyllisch durch Unterfranken schlängelt – vom Grabfeld über den Landkreis Bad Kissingen bis in den Main.

Normalerweise würde Karolin Monteiro Dantas vom Hotel Nöth an heißen Sommertagen wie diesen wieder viele Gäste begrüßen, die vor allem eines wollen: aufs Wasser! Gäste, voller Vorfreude auf eine Kanutour auf der Fränkischen Saale. Doch seit Monaten ist das Ufer leer, auf dem Fluss treiben Kastanienblätter statt Kanus. Seit dem Paddelverbot auf weiten Teilen der Saale im Februar ist nichts mehr, wie es war.

Paddelverbot bringt Tourismus in Not

Das Landratsamt Bad Kissingen begründete das Verbot mit der Gefahr umstürzender Bäume entlang der Saale. Seither bleiben die Wassersportbegeisterten fern, und das spüren die Betriebe entlang des Flusses deutlich. Monteiro Dantas, deren Familie vom Tourismus lebt, berichtet von einem drastischen Rückgang der Übernachtungen und einem Einbruch des Bootsverleihs um 90 Prozent. "Unser Kanuverleih ist vor dem Aus", sagt sie besorgt.

Auch der Biergarten, der sonst ein beliebter Treffpunkt für Paddler war, verzeichne einen Umsatzrückgang von 60 Prozent seit Mai. Viele Gäste stornierten ihre Buchungen, da sie die obere Saale-Strecke bis zur Grenze des Landkreises Main-Spessart bevorzugten, die nun gesperrt ist.

Frustration bei Bootsvermietern

Die Auswirkungen des Verbots sind auch im benachbarten Landkreis Main-Spessart zu spüren. Denn dort, wo die Saale noch befahrbar ist, bleiben die Gäste trotzdem aus. Jason McKinney vom MC-Kamp-Team in Gräfendorf berichtet von einer katastrophalen Saison. "Schlimmer als Corona", so fasst er die Situation zusammen. Jeder zweite Anrufer frage, ob man überhaupt noch auf der Saale paddeln dürfe. Die Unsicherheit habe das Geschäft fast zum Erliegen gebracht.

Ähnlich ergeht es dem Freizeitzentrum "Roßmühle" bei Weickersgrüben. Gegenüber BR24 spricht der Inhaber von einem starken Rückgang der Übernachtungen – um mindestens 30 Prozent. Gäste, die normalerweise für mehrere Tage blieben, seien dieses Jahr erst gar nicht angereist. Stattdessen kämen meist nur Tagesausflügler. Der gesperrte Teil, "das schönste Stück" des Flusses im Landkreis Bad Kissingen, dürfe nicht bepaddelt werden, bedauert er.

Kleines Teilstück wieder freigegeben

Ein kleiner Lichtblick kam Ende Juni, als das Landratsamt Bad Kissingen das Verbot für einen 1,1 Kilometer langen Abschnitt der Saale aufhob. Seitdem ist das Paddeln ab Hammelburg-Morlesau flussabwärts bis Gemünden wieder erlaubt. Doch für viele Unternehmen in der Region kam diese Erleichterung zu spät.

Hoffnung auf Besserung?

Wie geht es nun weiter? Laut Landratsamt Bad Kissingen wurde der rund acht Kilometer lange Abschnitt zwischen der Stadt Hammelburg und Morlesau bereits geprüft. Hier sollen bis Ende Oktober die einsturzgefährdeten Bäume entfernt werden – unter "besonderer Berücksichtigung des Artenschutzes", wie es von einer Sprecherin heißt. Eine Aufhebung des Verbots für diesen Abschnitt könnte danach bald folgen. Auch der Bereich zwischen Bad Kissingen und Aura a.d. Saale stehe auf der Agenda, dort könne die notwendige Begutachtung allerdings erst ab Herbst erfolgen, wenn die Bäume nicht mehr belaubt sind.

Für viele Betriebe ist das ein schwacher Trost, denn die Saison ist dann so gut wie gelaufen. Die Tourismuswirtschaft entlang der Saale lebt von Wassersport-Begeisterten und Naturfreunden, die extra dafür die Region besuchen. Die wirtschaftlichen Einbußen durch das Verbot waren jedenfalls immens.

Paddelverbot vor Gericht – VGH äußert Zweifel

Das Paddelverbot hat auch zu einer juristischen Auseinandersetzung geführt. Ein Kanusportler klagte gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamts, doch das Verwaltungsgericht Würzburg wies seinen Eilantrag ab. Der Fall ging dann an das Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München. Der VGH äußerte in einem Beschluss von Ende Juli erhebliche rechtliche Zweifel am Umfang des Paddelverbots und hielt es für "voraussichtlich rechtswidrig".

Das Gericht stellte fest, dass es auf dem Fluss noch keine gesicherten Erkenntnisse über eine objektive Gefahr gebe. Der bloße Verdacht reichte den Richterinnen und Richtern nur für einen Fortbestand des Verbots bis März 2025 aus. Ab dann müssen Personen, die die Fränkische Saale für Wassersport nutzen wollen, das Verbot nicht länger hinnehmen. Denn Wassersport erfolge grundsätzlich "auf eigenes Risiko", so der VGH.

"Fahrplan" für weiteres Vorgehen

Das Landratsamt Bad Kissingen reagierte auf der Entscheidung des VGH und hat nun einen Fahrplan bis zur schrittweisen Aufhebung des Verbots entwickelt. Man sei zuversichtlich, dass nach Beseitigung der Gefahren die Saale bald wieder befahrbar sein werde, hieß es.

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