Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, spricht auf der Pressekonferenz nach einer Sitzung im Kloster Weltenburg bei Kelheim (Bayern).
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zeigt sich erfreut über das Urteil des Bundeverfassungsgericht zum "Bundewahlgesetz 2023".

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Söder: Urteil zur Wahlrechtsreform "Klatsche für die Ampel"

CSU-Chef Söder hat mit Genugtuung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts reagiert, wonach die Wahlrechtsreform der Ampel in Teilen gegen das Grundgesetz verstößt. Im BR24-Interview sprach er von einem "Erfolg für Bayern" – mit Einschränkungen.

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Erleichterung heute bei der CSU: Die von SPD, Grünen und FDP beschlossene Wahlrechtsreform ist in ihrer aktuellen Form nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das urteilten heute die Richter am Bundesverfassungsgericht. Die CSU hatte sich gemeinsam mit der Linken dagegen gewehrt. CSU-Parteichef Söder gab sich sichtlich erleichtert, Experten nannten die Entscheidung der Karlsruher Richter aber "erwartbar".

Söder froh über vorübergehende Beibehaltung der Grundmandatsklausel

Für Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform eine "Klatsche für die Ampel". Söder sagte BR24, er sei sehr froh darüber, dass "dieser manipulatorische Akt, dieses bewusste Ausbremsen Bayerns und der CSU" vom Gericht verworfen wurde. Dies sei ein Erfolg für Bayern und die CSU. Somit habe die Ampel ihr "Ziel", Bayern und die CSU "mundtot zu machen", nicht erreicht.

Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die Abschaffung der sogenannten "Grundmandatsklausel" – wie von der Ampel in der Wahlrechtsreform geplant – unzulässig ist. Nach dieser Klausel zogen Parteien im alten Wahlrecht auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag ein, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Die Regel setzte das Gericht nun vorerst wieder in Kraft, bis der Gesetzgeber eine Neuregelung verabschiedet hat. Die Ampel hatte die Grundmandatsklausel gestrichen, um den Bundestag künftig auf 630 Abgeordnete zu begrenzen.

CSU-Chef will Bürger vor gebilligter Zuteilungs-Regel "warnen"

Dennoch bleibt laut Söder bei der Frage der sogenannten Zuteilung ein Wermutstropfen. Diese sehen die Karlsruher Richter nämlich als verfassungskonform. Die Zuteilung legt fest, dass den Direktmandaten eine ausreichende Zahl an Zweitstimmenmandaten gegenüberstehen muss. Nach Ansicht von Söder können die Bürgerinnen und Bürger künftig nicht sicher sein, wen sie nach einer Wahl bekommen. Denn es könne auch jemand von woanders her sein, der den Wahlkreis und die Region vertrete, so Söder. Der CSU-Chef kündigte an, eine entsprechende Änderung nach der Bundestagswahl zur Bedingung für eine Koalition machen zu wollen.

Söder gab sich optimistisch, dass die CSU bei der Bundestagswahl ein "ordentliches Ergebnis" erzielen werde. Er habe keine große Sorge, dass die CSU viele Mandate verlieren würde. Seine Partei werde nun die Bürgerinnen und Bürger warnen, Stimmen zu splitten, also mit der Erststimme die CSU und mit der Zweitstimme eine andere Partei zu wählen. "Beide Stimmen beispielsweise für die CSU, weil man dann am Ende auch tatsächlich einen bayerischen Abgeordneten aus der Heimat bekommt", betonte Söder.

Im Video: Söder über das Urteil zur Wahlrechtsreform

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder.
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform im BR24-Interview.

Rechtsprofessor Volkmann: Urteil keine große Überraschung

Uwe Volkmann, Professor für Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht an der Universität Frankfurt, hat das Karlsruher Urteil zur Wahlrechtsreform der Ampel-Parteien als "so zu erwarten" eingestuft. Das Gericht habe einen Fehler korrigiert, im Übrigen die Reform in weiten Teilen bestätigt und alle dagegen erhobenen Einwände zurückgewiesen. Insgesamt habe man nun ein Wahlrecht, mit dem man "gut in die nächste Bundestagswahl hineingehen kann". Die feste Größe von 630 Abgeordneten sei nun festgeschrieben. Zuvor war das lediglich eine Richtgröße, die sich durch Überhang- und Ausgleichsmandate auch erhöhen konnte.

Eine erneute Änderung des Wahlrechts durch eine möglicherweise unionsgeführte Bundesregierung ist laut Volkmann theoretisch möglich, aber nicht sehr realistisch. Jede Änderung am Wahlrecht – insbesondere in einer schnellen Abfolge – könne dazu beitragen, dass das politische System insgesamt diskreditiert wird. "Und das betrifft ja nicht nur die Regierung oder die Opposition, das betrifft alle Parteien insgesamt". Er gehe daher davon aus, dass man das Wahlrecht im Wesentlichen zulässt.

Mehrere Möglichkeiten für Neuregelung der Grundmandatsklausel

Auf die Frage, ob kleinere Parteien wie die CSU nun von der Entscheidung des Verfassungsgerichts profitieren könnten, sagte Volkmann: "Das hängt davon ab, wie nun die Neuregelung ausfallen wird. Das Bundesverfassungsgericht habe nicht die Abschaffung der Grundmandate-Klausel für sich beanstandet, sondern die Fünf-Prozent-Klausel ohne die Grundmandate-Klausel. Jetzt gebe es mehrere Möglichkeiten, die das Gericht eröffnet hat.

"Man kann auch die bisherige Grundmandate-Klausel wieder einführen, entweder in der bisherigen Form, dass drei Direktmandate ausreichen oder vielleicht auch in einer modifizierten Form, nach der fünf Direktmandate ausreichen sollen. Und dann ergeben sich für kleinere Parteien im Wesentlichen dieselben Chancen, in den Bundestag einzuziehen wie jetzt auch."

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