In der Donau-Ries Klinik steht die Tür zum OP-Bereich ein Stück weit offen.
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Donauwörther Hepatitis-Skandal: Ab April wird verhandelt

Donauwörther Hepatitis-Skandal: Ab April wird verhandelt

Über 50 Patienten soll ein ehemaliger Donauwörther Narkose-Arzt mit Hepatitis C infiziert haben. Über vier Jahre nach Bekanntwerden des Skandals kommt die Sache ab April vor Gericht. Die Beweisaufnahme wird langwierig.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Zwölf Verhandlungstage sind angesetzt, mehr als 60 Zeugen sollen befragt werden, außerdem vier Sachverständige: Die Beweisaufnahme im Prozess zum Hepatitis-Skandal am Klinikum Donauwörth wird umfangreich.

Das waren auch schon die Ermittlungen: Zweieinhalb Jahre hat es gedauert, bis die Staatsanwaltschaft Augsburg im Frühjahr 2021 Anklage erhob. Dann forderte das Gericht jedoch weitere Ermittlungen, unter anderem noch ein Sachverständigengutachten. Haftsachen gehen außerdem bei Gericht vor - der Angeklagte befindet sich allerdings auf freiem Fuß. Jetzt hat das Landgericht Augsburg die Anklage zur Hauptsache-Verhandlung zugelassen und damit das Hauptverfahren eröffnet. Der erste Verhandlungstag soll der 19. April sein, insgesamt sind zwölf Prozesstage angesetzt.

Anästhesist vor dem Landgericht Augsburg

Der angeklagte Anästhesist muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung in 51 Fällen, Unterschlagung sowie der Anwendung mangelhafter Medizinprodukte verantworten. Zwischen Februar 2017 und April 2018 soll er mindestens 51 Patienten mit Hepatitis C infiziert haben. Der Arzt war zu dem Zeitpunkt laut seinem Anwalt medikamentenabhängig.

Laut Anklage besteht der Verdacht, dass er sich deshalb vom für seine Patienten vorgesehenen Narkosemittel etwas abgezweigt und selbst gespritzt hat. Ob er dabei ein und dieselbe Spritze verwendet hat oder wie er die Patienten sonst angesteckt haben könnte, das ist nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft schreibt in der Anklage nur von "Missachtung von Hygieneregeln". Im Falle einer Verurteilung droht dem inzwischen 60 Jahre alten Arzt eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Ungewöhnlich viele Hepatitis C-Infektionen im Sommer 2018

Ein aufmerksamer Hausarzt hatte im Sommer 2018 auffallend viele Hepatitis C-Infektionen bei seinen Patienten bemerkt und das dem Gesundheitsamt Donau-Ries gemeldet. Gemeinsam hatten alle Infizierten, dass sie zuvor an der Donau-Ries Klinik operiert worden waren, und dabei alle von dem gleichen Anästhesisten narkotisiert worden waren.

Es folgten aufwändige Ermittlungen: Alle über 1.700 Patienten, die im Zeitraum zwischen Februar 2017 und April 2018 von dem Arzt behandelt worden waren, wurden angeschrieben. Über 60 von ihnen waren mit Hepatitis C infiziert. Bei 51 von ihnen konnte außerdem nachgewiesen werden, dass sie sich an ein und derselben Quelle angesteckt hatten - mutmaßlich bei dem Narkose-Arzt.

Auf den Zeitraum Februar 2017 bis April 2018 kam man, weil der Anästhesist bei seiner letzten routinemäßigen Blutkontrolle am Donauwörther Krankenhaus im Februar 2017 noch nicht mit Hepatitis C infiziert war. Im April 2018 war er dann mit einer Spritze im Arm erwischt und sofort freigestellt worden.

Fall sorgt bundesweit für Schlagzeilen

Als der Fall im Oktober 2018 öffentlich wurde, sorgte er weit über den Landkreis Donau-Ries hinaus für Schlagzeilen. Von einem der größten Medizinskandale bundesweit war die Rede, es gab mehrere Informationsveranstaltungen für Betroffene und Angehörige. Während einige von ihnen gar nicht bemerkt hatten, dass sie infiziert waren und auch später kaum Probleme hatten, haben andere psychisch wie physisch teilweise bis heute damit zu kämpfen.

Allein die Tatsache, angesteckt worden zu sein, ohne es zu wissen, beschäftigten viele sehr. Die teils mehrfachen Befragungen im Rahmen der Ermittlungen hätten das alles immer wieder aufgewühlt, sagte eine Betroffene dem BR. Bis heute sei sie nicht mehr so belastbar. Sie könne seitdem nicht mehr volle acht Stunden arbeiten. Ihre Hände zitterten oft, sie leide außerdem an Schlafstörungen und Magenbeschwerden. Sie führt das auf die Hepatitis-Infektion zurück.

Hepatitis C kann Leberkrebs verursachen

Im schlimmsten Fall kann Hepatitis C zu einer Leberzirrhose oder Leberkrebs führen. Alleine dieses Wissen hat einige stark belastet. Auch wenn der Fall zivilrechtlich bereits geklärt ist - die Betroffenen haben Schmerzensgeld und Schadenersatz von der Versicherung erhalten - ist für sie die strafrechtliche Aufarbeitung vor Gericht wichtig. Zehn von ihnen treten als Nebenkläger vor Gericht auf. Viereinhalb Jahre haben sie darauf gewartet.

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