Symbolbild: Briefwahl bei der US-Präsidentschaftswahl
Bildrechte: picture alliance / Shotshop | valentyn semenov
Audiobeitrag

Symbolbild: Briefwahl bei der US-Präsidentschaftswahl

Audiobeitrag
>

US-Wahl: Wie ein US-Bürger in Bayern um sein Stimmrecht kämpfte

US-Wahl: Wie ein US-Bürger in Bayern um sein Stimmrecht kämpfte

Seit über 30 Jahren lebt Lee F. Koch in Deutschland. Als US-Bürger darf er bei den Präsidentschaftswahlen in den USA seine Stimme abgeben. Nur dieses Mal wurde versucht, sein Wahlrecht, wie das tausender anderer US-Bürger, in Zweifel zu ziehen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Vor vier Jahren verbreitete Donald Trump die Lüge, dass die Demokraten die Präsidentschaftswahl gestohlen hätten. Er selbst war es jedoch, der nach der Abstimmung Offizielle unter Druck setzte, damit diese ihm Stimmen finden. Dieses Mal versuchten Republikaner offenbar schon vor dem Wahltermin, das Ergebnis zu beeinflussen, indem bestimmte Gruppen ausgeschlossen werden sollten.

Einer der Wähler, dessen Stimme nicht gezählt werden sollte, ist Lee F. Koch. Koch ist im US-Bundesstaat Pennsylvania geboren, seit 1994 lebt er dauerhaft im bayerischen Dinkelsbühl und arbeitet als Lehrer.

Ein US-Bundesgesetz von 1986 erlaubt ihm und weiteren rund drei Millionen US-Bürgern, die aktuell im Ausland leben, bei der Präsidentschaftswahl ihre Stimme abzugeben. Sie dürfen in dem Bundesstaat wählen, indem sie ihre letzte Meldeadresse in den USA hatten. Koch hat das alle vier Jahre gemacht, bisher immer ohne Probleme.

Bildrechte: privat
Bildbeitrag

Lee F. Koch lebt seit 1994 in Dinkelsbühl

Republikanischer Senator zweifelt Kochs Wahlrecht an

"Im September habe ich meinen Stimmzettel zugeschickt bekommen, gleich ausgefüllt und am nächsten Tag abgeschickt", erzählt Koch im Gespräch mit BR24. Per Mail erhielt er eine Bestätigung von der Wahlbehörde, dass sein Stimmzettel angekommen sei. "Da war ich beruhigt und dachte: Okay, gut, dann wird er gezählt". Doch es kommt erst mal anders.

"Am Montagabend vor der Wahl um 21 Uhr bekomme ich diese Mail von der Wahlkreisbehörde". Im Anhang: Eine Mitteilung, dass seine Stimme angefochten wird. Der Autor des Antrags ist Jarrett Coleman, ein Republikaner im Senat von Pennsylvania. Die Begründung: Koch habe angeblich kein Wahlrecht, da er im Ausland lebe und nicht als Wähler registriert sei.

US-Bürger Koch: "Ich war so wütend!"

Das Schreiben liegt dem BR vor. Darin droht Coleman sogar indirekt, indem er das Wahlrecht Pennsylvanias zitiert, worin es heißt, dass jeder, der unerlaubt seine Stimme abgebe, eine Geldstrafe von bis zu 15.000 Dollar oder sogar eine Gefängnisstrafe von bis zu sieben Jahren riskiere. Das zitierte Gesetz hat jedoch keine Grundlage bei Präsidentschaftswahlen, da gilt Bundesrecht.

Lee F. Koch versteht die Welt nicht mehr: "Ich dachte, das gibt’s doch gar nicht. Ich war so wütend!" Noch in der Nacht schreibt der 55-Jährige Mails: an Jarrett Coleman, an die Wahlkreisbehörde, an die ACLU, eine Organisation, die sich für Bürgerrechte einsetzt.

Republikaner mit tausenden Anträgen

Die ACLU ist da bereits alarmiert: Denn Lee F. Koch ist nicht der Einzige, der die Mitteilung bekommt, dass seine Stimme angefochten wird. Laut übereinstimmenden Medienberichten erhalten allein aus Pennsylvania rund 4.000 als Wähler gemeldete und im Ausland lebende US-Bürger die Mitteilung, dass es von Republikanern eine sogenannte Challenge zu ihrem Wahlzettel gibt.

Warum das Ganze? Lee F. Koch hat da eine Vermutung: "Ich bin kein Verschwörungstheoretiker. Aber das war wie ein Plan, um unliebsame Endergebnisse auf Landesebene hinauszuzögern, um dann zu sagen: Der ganze Prozess funktioniert nicht, ist kaputt, ist nicht legitim."

Sollten demokratische Stimmen verhindert werden?

Daten und Befragungen legen nahe, dass im Ausland lebende US-Bürger überwiegend demokratisch wählen. Um Trump in einer möglichen Hängepartie einen Vorteil zu verschaffen, könnten Coleman und andere Republikaner einen Angriff auf das Wahlrecht Tausender US-Amerikaner gestartet haben.

Koch ist im Wahlregister als Demokrat registriert, hat in der Vergangenheit aber auch schon mal für die Republikaner gestimmt. Dieses Mal war seine Wahl aber klar: "Ich verstehe mein eigenes Land nicht mehr; zumindest die Hälfte, die aus irgendeinem Grund denkt, dass Donald Trump wirklich kompetent und eine gute Wahl für das Amt des Präsidenten ist."

Hinzu kommt: Koch ist in Pennsylvania als Wähler gemeldet, in einem der Swing States, also jenen Staaten, in denen ein besonders enges Rennen vorausgesagt wurde. Auch aus anderen Swing States gibt es Meldungen, dass das Wahlrecht von im Ausland lebenden US-Bürgern angefochten wurde.

Kochs Stimme zählt am Ende doch

Am Ende siegt Trump deutlich, gewinnt sogar alle sieben Swing States. Und das hat offenbar auch Einfluss auf die nun folgende Entscheidung des republikanischen Senators: Kaum ist klar, dass Trump erneut Präsident wird, zieht Coleman sämtliche Anträge zurück. Eine bereits geplante Anhörung wegen seiner Einsprüche wird abgesagt. Eine Anfrage des BR zu seinem Vorgehen ließ Coleman bisher unbeantwortet.

Für Koch ist das der Beweis, dass Coleman "nur Sand ins Getriebe kippen" wollte. "Wenn er davon überzeugt gewesen wäre, dass ich kein Wahlrecht habe, hätte er dabeibleiben müssen", so Koch. "Scheinheilig" seien die Republikaner in Hinblick auf das Thema Wahlmanipulation: "Sie werfen den Demokraten genau das vor, was sie selbst getan haben."

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!