Indra Baier-Müller versucht gerade etwas, das bisher noch nie gelungen ist. Die 53-Jährige ist Politikerin bei den Freien Wählern und will in den kommenden Bundestag einziehen. Seit vier Jahren ist sie als Landrätin im Oberallgäu permanent in Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern dort, nun will sie ihr Wissen in die Bundespolitik einbringen. "Es sind viele Gesetze in den vergangenen Jahren verabschiedet worden, die uns hier vor extreme Herausforderungen stellen", sagt sie im BR-Politikmagazin Kontrovers. "Die Migration, aber auch viele andere Bereiche, wo wir merken, dass wir mehr vernünftige und basisorientierte Entscheidungen benötigen würden."
Strategiewechsel bei den Freien Wählern: Direktmandate statt Fünf-Prozent-Ziel
Baier-Müllers Vorhaben ist Teil der neuen Strategie ihres Parteichefs Hubert Aiwanger. Drei Mal hat dieser versucht, mit den Freien Wählern in den Bundestag zu kommen, drei Mal ist er an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Nun hat er einen anderen Plan: Er will bundesweit drei Direktmandate holen. Wenn das gelingt, kann eine Partei auch mit weniger als fünf Prozent in den Bundestag einziehen.
Aiwanger im Kontrovers-Interview: "Das wird klappen"
Im Kontrovers-Interview bekräftigt Hubert Aiwanger seine Strategie. "Wir haben sehr starke Kandidaten in den Stimmkreisen", sagt der Freie-Wähler-Chef. "Ich gehe davon aus, dass wir mindestens drei Mandate holen. Das wird klappen." Außerdem geht Aiwanger davon aus, dass seine Partei auch generell besser abschneiden wird als 2021. Sein Ziel: Auf Bundesebene an der Seite der Union regieren. "Ich hoffe, dass die CSU endlich erkennt, dass wir ihr Partner sind und nicht ihr Gegner."
Freie Wähler treten in direkte Konkurrenz mit CSU-Kandidaten
Dabei konkurriert Aiwanger mit seinem Strategiewechsel gerade direkt mit dem Koalitionspartner CSU. Bei der vergangenen Bundestagswahl bekamen die Christsozialen fast alle Direktmandate in Bayern, nur ein einziges ging an die Grünen. Nun wollen die Freien Wähler mit ihren Direktkandidaten Bayerns konservatives Wähler-Klientel in den Regionen von sich überzeugen.
Aiwangers Kandidatinnen und Kandidaten kommunal teilweise erfolgreicher als CSU
Die Oberallgäuerin Indra Baier-Müller könnte die perfekte Kandidatin für Aiwangers neuen Kurs sein. Ihr ist es bei der Wahl zur Landrätin bereits gelungen, den CSU-Kandidaten in einer Stichwahl abzuhängen. Bei der Bundestagswahl tritt sie nun gegen die CSU-Bundestagsabgeordnete Mechthilde Wittmann an. Doch die Kommunalpolitikerin malt sich gute Chancen aus. "Ich bin hier vor Ort, ich weiß um die Nöte der Menschen", sagt Baier-Müller.
Parteichef würde Amt des Wirtschaftsministers aufgeben
Freie-Wähler-Chef Aiwanger ist selbst einer von bislang vier bayerischen Direktkandidaten für den Bundestag und tritt für den Wahlkreis Rottal-Inn an. Bei der bayerischen Landtagswahl hatte Aiwanger als Direktkandidat im Nachbar-Wahlkreis Landshut mehr als 37 Prozent der Stimmen bekommen und deutlich gegen den CSU-Kandidaten gewonnen.
Sollte ihm diesmal der Einzug in den Bundestag gelingen, würde er dafür seinen Posten als bayerischer Wirtschaftsminister aufgeben. "Natürlich gehe ich dorthin", sagt er. "Auch als einfacher Abgeordneter." Aiwanger wolle in Berlin Einfluss auf Dinge nehmen, die er aus Bayern nicht steuern könne. "Der bayerische Wirtschaftsminister ist jetzt gefordert, in Berlin den Druck zu erhöhen." Wer für Bayern kämpfe, müsse sich jetzt in Berlin stark machen.
CSU-Chef Söder unbeeindruckt von Aiwangers Strategiewechsel
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hält wenig vom Strategiewechsel seines Wirtschaftsministers. Bei Wahlkampfveranstaltungen und Ortsbesuchen betont er immer wieder die Schwäche des Koalitionspartners auf Bundesebene. "Die Freien Wähler sind im Sinkflug", so Söder vergangenen Freitag bei der Adventsmarkteröffnung in Berchtesgaden. "Wir hatten auch mal eine Zeit gehabt, wo sie mit fünf Prozent national geliebäugelt haben. Jetzt liegen sie, glaube ich, hinter Volt."
Freie Wähler laut aktuellem BR24 BayernTrend bei vier Prozent
Was Söder meint: Die Freien Wähler haben in Umfragen seit Monaten keine guten Werte. Und auch im aktuellen BR24 BayernTrend schneiden sie mit vier Prozent deutlich schlechter ab als bei der Wahl vor drei Jahren, während die CSU derzeit bei etwa 45 Prozent liegt. Damit bleibt Aiwangers Partei wohl kaum eine andere Strategie als der Kampf um die Direktmandate.
Zum Hören: Die Direktkandidaten der Freien Wähler und ihre Chancen
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